Eigentum verkauft man nicht ohne Not

14.06.2005

Stellungnahme von Stadtrat Günter Bächle für die CDU-Gemeinderatsfraktion zu dem vom OB beantragten Verkauf des städtischen Anteils am Mühlehof mit anschließender Rückmietung durch die Stadt:

Verkauf und Rückmietung des Stadt-Anteils am Mühlehof könnten nur dann in Frage kommen, wenn
a) diese Lösung für die Stadt spürbar und dauerhaft wirtschaftlich und finanziell von Vorteil wäre und der Haushalt der Stadt entlastet würde, also Geld eingespart werden könnte
b) die zugesagten Investitionen und speziell die Nutzung im gewerblichen Teil dauerhaft sowie hieb- und stichfest abgesichert wären.

Beides ist – auch nach den heutigen Nachverhandlungen - nicht der Fall:

  • Der städt. Anteil würde weit unter Wert verkauft, praktisch verschenkt, und dazu im Vergleich überteuert zurück gemietet. Eine Einsparung für den Haushalt wird nicht erzielt. Gleichzeitig binden wir uns auf 20 Jahre mit einem Betrag von 303.000 Euro jährlich (ohne Rückmietung der Parkplätze in der Tiefgarage) ohne Ausstiegsmöglichkeit. Der Verkaufspreis von 1,2 Mio Euro ist nicht das Ergebnis einer Wertermittlung, sondern ausschließlich Ergebnis der Interessenslage der Firma Echo
  • Die Sicherungen für Investitionen etc. als Gegenleistung sind rechtlich ungenügend. Die Nachteile für die Stadt überwiegen eventuelle Vorteile deutlich. Nachteil ist es zunächst immer, Eigentum wegzugeben.
  • Das abgelaufene Verfahren ist rechtlich fragwürdig.

Das beginnt schon mit dem Verfahren, das die Verwaltung dem Gemeinderat zumutet. Wir werden unter Zeitdruck gesetzt, den Vertragsentwurf erhielt die CDU-Fraktion 20 Stunden vor Beginn der Sitzung am vergangenen Dienstag, in der eine endgültige Entscheidung getroffen werden sollte. Und für 13 Fraktionsmitglieder in einfacher Ausführung. Das ist ein Verstoß gegen die gesetzliche Verpflichtung, den Mitgliedern des Gemeinderats die Unterlagen so rechtzeitig zuzustellen, dass sie ausreichend Zeit haben, sich mit dem Thema – zumal in einer so wichtigen und folgereichen Sache – auseinanderzusetzen. Heute Abend erhielten die Mitglieder des Gemeinderats erst den Vertragsentwurf über 32 Seiten. Da ist nur noch ein Schnell-Durchlesen möglich.
Gleichzeitig wurde über die gesetzliche Informationspflicht der Verwaltung gegenüber dem Gemeinderat verstoßen: Seit August 2004 hat ein möglicher Investor Gespräche mit der Verwaltung geführt, seit einem Jahr der andere. Der Gemeinderat wurde aber erst im Mai 2005 unterrichtet und gleichzeitig unter Zeitdruck gesetzt, um vor dem ersten Zwangsversteigerungstermin für den gewerblichen Teil am 14. Juni eine Entscheidung zu treffen. Beschlüsse unter Zeitdruck sind nie gute Beschlüsse. Die Verwaltung will mit Brachialgewalt den Verkauf.

Darüber hinaus gibt es zum formalen Verfahren grundsätzlich anzufügen:

  1. Kauf- und Mietvertrag sind gekoppelt. Damit ist es ein einheitliches Geschäft. Die Miete stellt haushaltsmäßig eine versteckte Kreditaufnahme dar. § 87 GemO: „Die Begründung einer Zahlungsverpflichtung, die wirtschaftlich einer Kreditaufnahme gleichkommt...“ bedarf der Zustimmung des RP. Die Verwaltung ist der Ansicht, diese sei nicht notwendig.
  2. Es gibt kein sachgerechtes Verfahren zur Ermittlung des besten Gebots. Notwendig gewesen wäre ein Interessensbekundungsverfahren. Das wird zwar in der GemO nicht gefordert, aber die Rechtssprechung sieht darin die Voraussetzung für ein sachgerechtes Auswahlverfahren.
  3. Der Verkauf mit Rückmietung ist unwirtschaftlich. Das ergibt sich auch aus der Wirtschaftlichkeitsberechnung der Stadtverwaltung (Vorlage 113/2005, Anlage 1). Verkauf an die Fa. Echo ist um knapp 70.000 Euro – auf 20 Jahre gerechnet – teurer als die Beibehaltung des städt. Eigentums am Mühlehof und dessen Sanierung bzw. Beteiligung der Stadt an den Kosten der Sanierung des Gemeinschaftseigentums. Nach dem Kommentar Kunze/Bronner/Katz zu § 92 GemO muss der Gegenstand nicht im Eigentum der Gemeinde sein, „wenn sich die Aufgabe mit gemieteten oder geleasten Gegenständen noch hinreichend sicher und gleich wirtschaftlich erfüllt lässt“. Ein Unterschiedsbetrag von 67.000 Euro jährlich oder 1,34 Millionen Euro in 20 Jahren ist nicht „gleich wirtschaftlich“ wie der Beibehalt des städt. Eigentums.
  4. Das städt. Eigentum darf nach § 92 GemO nicht unter vollem Wert abgegeben werden. Die Auffassung der Stadtverwaltung, Angebot ist gleich Marktwert, lässt sich rechtlich nicht halten. Dann wäre ein Verkaufspreis von 100.000 Euro, wenn ein Bieter nur dies bietet, auch marktgerecht – trotz eines Restbuchwerts des städt. Anteils am Mühlehof von 5,4 Millionen Euro. Der Restbuchwert darf nicht außer acht gelassen werden, dies aber tut die Stadtverwaltung. Da es auch kein sachgerechtes Verfahren zur Ermittlung des besten Gebots gab, kann erst recht nicht das Kaufpreis-Angebot von Echo GmbH gleichgesetzt werden mit dem Marktwert, weil es ausschließlich der Interessenslage der Firma Echo entspringt. Der Vertreter der Echo GmbH hat dies bei der Besprechung mit den Fraktionsvorsitzenden am 13. Juni 2005 auch bestätigt. Die 1,2 Mio Euro entsprächen dem, was sich die Firma erlauben könne, um ihre Gesamtrechnung fürs Projekt darstellbar zu machen. Auf dem Immobilienmarkt sind nach unserer Information derzeit das 14-fache des erzielbaren Mietwertes üblich, das wären im Fall des städt. Anteils 4,2 Mio Euro. Zur Ermittlung des Marktwertes hätte auch ein Wertgutachten eingeholt werden müssen. Dazu heißt es im Kommentar zur GemO: „Wertgutachten sind bei unbebauten und bebauten Grundstücken in der Regel (allein schon zur Beurteilung der Angebote) erforderlich.“ Der volle Wert, so der Kommentar, ist begrifflich nicht nur der vereinbarte Preis, sondern die Höhe des effektiven Entgelts, das sich unter Berücksichtigung der Zahlungsbedingungen ergibt. Ergo: Es muss die Gegenleistung der Stadt im Form von Miete über 20 Jahre gesehen werden und die Refinanzierung des Kaufpreises durch die Stadt zugunsten der Fa. Echo. Die Stadt bezahlt praktisch über die Funktion als Ankermieter den gewerblichen Teil mit.
  5. Die Stadt bekommt für 56 Prozent der Fläche und sicheren Mieteinnahmen für Echo durch die Stadt 1,2 Mio Euro. Für die restlichen 44 Prozent (gewerblicher Teil) bezahlt Echo 1,65 Millionen Euro. Auch das zeigt die Fragwürdigkeit der Preisbildung und der Widerspruch zur Forderung der GemO.
  6. Im Ergebnis kommt dieses Geschäft einer verdeckten Kreditaufnahme zu unwirtschaftlichen Bedingungen gleich. Ein zudem für die Stadt hoch riskantes Geschäft auch durch die Konkretisierung des Wiederkaufspreises im Insolvenzfall von Echo: Wir müssten 2008 ff 7,5 Mio Euro bezahlen und damit mehr als der jetzige Verkaufspreis von 1,2 Millionen Euro mit den zugesagten Investitionen von 5,4 Millionen Euro für den städt. Anteil.

Zu den Vertragsanforderungen im Detail:

  • Was geschieht, wenn die gute Absicht, durch den Verkauf des städt. Eigentums am Mühlehof eine Belebung des gewerblichen Teils zu erreichen, sich in den nächsten Jahren nicht dauerhaft erreichen lässt? Dafür gibt es keine Absicherung im Vertrag. Und das ist der Knackpunkt des ganzen Geschäftes. Wir haben letztlich keine Garantien; es muss nicht mal böser Wille von Echo, es können auch geänderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen sein, dass das angenommene Konzept nicht aufgeht
  • Wie werden die Investitionen außerhalb des Kaufpreises (also wohl etwa 9 Mio Euro) vertraglich abgesichert? Wie müssen sie nachgewiesen werden? Wie können sie durch die Stadt überprüft werden? Wie kann überprüft werden, ob sie nach Inhalt und Wert auch getätigt worden sind? Eine sanktionsbewehrte Überprüfbarkeit hat die Fa. Echo heute ausdrücklich abgelehnt.
  • Wie kann sichergestellt werden, dass der Wunsch, im Erdgeschoss einen Lebensmittelmarkt unterzubringen, auch dauerhaft erreicht wird? Was geschieht, wenn sich das Gehabte wiederholt z.B. in Form der jetzigen Nutzung von F wie Finanzamt bis S wie Spielhalle? Nüchterne Erkenntnis: Wir haben nichts in der Hand.
  • Hat die Firma Echo mit Mietern Gespräche geführt? Bisher nicht, weil zunächst der Erwerb abgewartet werden soll.
  • Weshalb will die Firma den gewerblichen Teil im ersten Termin der Zwangsversteigerung für mindestens 1,65 Millionen Euro erwerben und damit für einen höheren Betrag als für den größeren und für sie weitaus wirtschaftlicheren städt. Anteil? Im zweiten Termin sind die Immobilien durchweg günstiger zu erhalten. Deshalb besteht momentan weder Handlungs- noch Zeitdruck, auch wenn dieser uns von der Verwaltung vorgegaukelt wird. Andere Varianten sind nie ernsthaft geprüft worden.

Die Wertung des Geschäfts:

Es erfolgt ein einseitige Risikoverlagerung auf den Steuerzahler. Die Stadt wird Ankermiete, die Stadt hat kein Eigentum mehr, aber der Steuerzahler finanziert das Objekt weiter mit. Wir geben die Tiefgarage noch als Bonbon drauf: 20 Jahre lang an die Echo GmbH kostenlos vermietet gegen die Erledigung einer vertraglich nicht genau beschriebenen Sanierung.
Wir binden uns auf 20 Jahre, belasten den Haushalt mit einem jährlichen Betrag von 303.00 Euro und kommen da nicht mehr raus – auch wenn sich die finanzielle Lage der Stadt weiter verschlechtert. Können wir mit den sechs Millionen Euro, die wir dem Investor geben, nicht selbst etwas Vernünftiges machen, ohne Eigentum aufzugeben und damit Herr des Verfahrens bleiben? Diese Bindung auf die Dauer fast einer Generation ausgerechnet in einer Zeit sich weiter verschlechternder öffentlicher Finanzen einzugehen, ist nicht akzeptabel. Wir streichen Haushaltsansätze herunter, sparen bei allen öffentlichen Einrichtungen und an der Infrastruktur, kommen unseren Sanierungsverpflichtungen an Schulen nicht voll nach, müssen die Leute ständig vertrösten, wollen das alte Schulhaus Großglattbach wegen angeblicher Nichtfinanzierbarkeit der Sanierung verkaufen, können an den dringenden Bau von Sporthalleneinheiten – etwa im Lindach und im Käppele – nicht mal denken – gleichzeitig werden aber 303.000 Miete für den Mühlehof für bezahlbar erklärt, zuzüglich der Betriebs- und sonstigen Nebenkosten sowie des Abmangels für den gesamten kulturellen Bereich.

Ergebnis:

Statt Haushaltsent- gibt es eine Haushalts-Mehrbelastung und das auf 20 Jahre.

Mit welcher Berechtigung sollen wir weitere Sparbeschlüsse und Strukturveränderungen beschließen und dem Bürger weitere Lasten aufbürden?

Über die Miete refinanzieren wir die Investitionen der Fa. Echo und damit auch unseren Verkaufspreis. Wir bezahlen – das ist das Irre an diesem Weg – unseren Verkaufspreis im Grunde selbst.

Deshalb wäre längeres Nachdenken über die denkbaren Optionen notwendig. So aber haben wir zu wenig in den Händen. Aus Zeitgründen können zum Beispiel die Sanierungsleistungen im Vertrag nicht genau beschrieben werden. Hier rächt sich, dass der Gemeinderat erst in die Schlussphase eingeschaltet worden ist.

Wir haben nur ein weitgehend nutzloses Vorkaufsrecht der Stadt bei Besitzerwechsel für den gesamten Mühlehof. Wir werden erpressbar, weil wir dann zu einem von anderen vorgegebenen Höchstpreis einsteigen müssten. Ob wir das im Ernstfall könnten? Wohl eher nicht.

Aus all diesen Gründen lehnt die CDU-Fraktion das Verkaufs- und Rückmietungs-Konzept der Stadtverwaltung auch nach der heutigen Nachverhandlung, die an den Kernpunkten nichts geändert hat, ab.


Wir beantragen namentliche Abstimmung.

 

Termine

  • Holen Sie sich ein Osterei ab

    30.03.2024, 09:30 Uhr - 12:00 Uhr

    Öffentliche Veranstaltung

    heißt es bei der CDU Mühlacker gleich an zwei Orten in der Stadt – an der Drehscheibe und auf dem Wochenmarkt. Gleichzeitig besteht Gelegenheit, mit den Kandidatinnen und Kandidaten der CDU für die Kommunalwahl am 9. Juni ins Gespräch zu kommen.

Anmeldung zum Newsletter