Stadt: Mobile Jugendarbeit in Mühlacker eventuell ausbauen
Verwaltung beantwortet Anfrage der CDU-Gemeinderatsfraktion zu den Möglichkeiten der vorhandenen Sozialarbeit mit jungen Menschen
 
Mühlacker. Nachdem die städtische Streetworkerin nicht bereit ist, ihre Stelle von 75 auf 100 Prozent aufzustocken, überlegt die Stadtverwaltung, ob zusätzlich eine 50-Prozent-Stelle speziell für die mobile Jugendarbeit geschaffen werden kann, an deren Kosten sich der Enzkreis mit 40 Prozent beteiligen müsste. Dies teilte die Stadtverwaltung auf eine Anfrage des Vorsitzenden der CDU-Gemeinderatsfraktion, Günter Bächle, zur Lage der mobilen Jugendarbeit in Mühlacker mit.
 
Hintergrund der Anfrage der CDU-Fraktion war, dass die Streetworkerin angeblich keine freien Kapazitäten habe, um konkreten Hinweisen auf weitere Jugendcliquen nachzugehen und durch aufsuchende Sozialarbeit sich dieser jungen Menschen anzunehmen.
 
Die Stelle von Andrea Knoll werde seit dem Haushaltsjahr 2001 aus dem Förderprogramm "Mobile Jugendarbeit in Problemgebieten" des Landes bezuschusst, schreibt die Stadtverwaltung auf die CDU-Anfrage. Gefördert würden hierbei Einrichtungen und Projekte, die die zentralen Förderkriterien entsprechend  dem Grundsatzpapier zur Mobilen Jugendarbeit in Baden-Württemberg umsetzen.
 
Die Mobile Jugendarbeit arbeite mit besonders benachteiligten und gefährdeten Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Problemgebieten, vor allem im Alter von 14 bis 26 Jahren, um ihre Lebenssituation nachhaltig zu verbessern und sie in ihrer Entwicklung zu fördern. Kennzeichen der besonderen Benachteiligung und Gefährdung seien häufig Probleme im Übergang Schule/ Beruf - JugendarbeitsIosigkeit, Migrationshintergrund und riskanter Konsum von legalen oder illegalen Drogen.
 
Voraussetzung mobiler Jugendarbeit ist laut Stadtverwaltung, dass bezogen auf diese Zielgruppen verschiedene Arbeitsformen umgesetzt werden:
 
Streetwork: Kontaktaufbau und -pflege sowie das ständige Vertiefen und Aktualisieren der Kenntnisse über die Lebenswelt der Zielgruppen, wobei die jungen Menschen regelmäßig an ihren Orten und zu ihren Zeiten aufgesucht werden
 
Individuelle Beratung und Unterstützung: Es werden Hilfen zur Lösung aller individuellen Probleme angeboten. Dies beinhaltet individuelle Beratung, Unterstützung, Begleitung und Elternarbeit sowie die Vermittlung und Herstellung von Kontakten zu bestehenden Hilfeangeboten.
Angebote für Cliquen und Gruppen: Angebote für Cliquen und Gruppen sollen alternative Erfahrungen und das Entwickeln sozialer Kompetenzen ermöglichen und den Jugendlichen so neue Handlungsoptionen erschließen
 
Gemeinwesenorientierte Arbeit: Um die Situation der Jugendlichen in ihrem Gemeinwesen zu verbessern, initiiert mobile Jugendarbeit Netzwerke von Institutionen auf Gemeindeebene. Sie pflegt Kontakte zu allen für die Jugendlichen relevanten Institutionen und Organisationen, um die soziale Infrastruktur für die Jugendlichen zu verbessern und Vorurteile gegenüber den Jugendlichen abzubauen.
 
Eine an diesen Arbeitsformen basierende Stellenkonzeption ist seit 2007 auch feste Fördervoraussetzung des Landes. Insoweit ist, so die Stadtverwaltung, die mobile Jugendarbeit ein erweiterter Arbeitsansatz, der die Komponente Streetwork enthält und auf den die Stelle von Andrea Knoll ausgerichtet ist.
 
Daneben habe die Arbeitsgemeinschaft Drogen Pforzheim im April 2003 wegen des Bedarfs vor Ort in Mühlacker eine Halbtagesstelle für Drogen-Streetwork für die Zielgruppe jugendlicher Spätaussiedler eingerichtet. Inzwischen laufe die staatliche Förderung auf Mitte 2009 aus. "Die Ausweitung der Zielgruppe war erforderlich, nachdem sich gezeigt hatte, dass nicht nur jugendliche Spätaussiedler sondern auch Jugendliche mit Migrationshintergrund einer entsprechenden Betreuung bedürfen.“ Seit August 2006 sei dieses Projekt "James" mit zwei Halbtagskräften besetzt. „Zielsetzungen sind und waren die Verhinderung von Sucht- und Gewaltkarrieren unter jugendlichen Aussiedlern und Migranten, die Vermittlung von persönlichen und sozialen Kompetenzen in schwierigen Lebenssituationen sowie die Verhinderung von Abbrüchen in der Schul- und Berufslaufbahnen.“ Inzwischen habe sich der Verwaltungsausschuss des Gemeinderats für eine Fortsetzung des Projekts ausgesprochen und einen entsprechenden Appell an den Enzkreis gerichtet.
 
Nach den Eckpunkten der Landesförderung sollte mobile Jugendarbeit von Teams geleistet werden, die über mindestens 100-Prozent-Stellen verfügen, so die Stadtverwaltung auf die CDU-Anfrage weiter.
 
Ausgehend von den Arbeitsformen der mobilen Jugendarbeit nehme der Bereich der individuellen Beratung und Unterstützung einen großen Anteil der 75-Prozent-Stelle von Andrea Knoll ein. Im Jahr 2007 seien von ihr 63 männliche Jugendliche (davon 56 mit Migrationshintergrund) und 29 weibliche Jugendliche (davon 15 mit Migrationshintergrund) über eine zum Teil sehr aufwändige Einzelfallhilfe betreut worden. Diese starke Inanspruchnahme gehe zwangsläufig zu Lasten anderer Wirkungsbereiche der mobilen Jugendarbeit beziehungsweise sei bisher nur durch eine hohe Zahl von Überstunden teilweise leistbar. Inwieweit die neu geschaffenen Stellen im Bereich der Schulsozialarbeit sowie der Job- und Azubi-Coaches zu einer Entlastung im Bereich der Einzelfallhilfe führen, müsse noch beobachtet werden. Dennoch sei darüber nachzudenken, inwieweit seitens der Stadt neben der 75-Prozent-Stelle von Knoll (sie wolle nicht auf 100 Prozent aufstocken) eine 50-Prozent-Stelle für das Spektrum der mobilen Jugendarbeit - der Enzkreis übernehme  bisher 40 Prozent der verbleibenden Personalkosten nach Abzug des Landeszuschusses - mitfinanziert werden könnte. Die Verwaltung werde zu gegebener Zeit dem Verwaltungsausschuss konkrete Vorschläge hierzu vorlegen.
 
In diesem Zusammenhang erneuerte Stadtrat Günter Bächle für die CDU-Fraktion, zusammen mit dem Kreisjugendamt ein Gesamtkonzept für mobile Jugendarbeit in allen Facetten zu erarbeiten, auch um Doppelstrukturen zu vermeiden. Nachdrücklich bekenne sich die Fraktion zu einer bedarfsgerechten Sozialarbeit mit jungen Menschen in Mühlacker und erwarte hier Fortschritte im neuen Jahr.
 
(29.12.2008)